Was haben „Beat Street“ und „4 Blocks“ gemeinsam? Die Antwort bekommt ihr in der neuen ARD-Doku „Hiphop – Made in Germany“, welche wir nur wärmstens empfehlen können.
– Dieser Artikel spiegelt die Meinung der Autorin wieder und gilt nicht zwangsläufig für die gesamte kino.de-Redaktion –
Hiphop ist mehr als Musik, das weiß nicht nur Thorsten aus „Die Discounter“. Hiphop beschreibt nicht selten ein Lebensgefühl und umfasst neben der Musik auch Kunst, Tanz und Mode. Der melodische Sprechgesang dient vielen Künstler*innen in erster Linie als Ausdrucksform und kreatives Ventil, um Missstände, Unterdrückung und Benachteiligung anzuprangern. Dabei sind die Songs nicht immer „nur“ provokativ, entwaffnend ehrlich und roh, sondern kommen auch mal heiter und fröhlich daher. Der Kern dieser kulturellen Strömung ist und bleibt aber sozialkritisch und politisch. Die neue ARD-Doku „Hiphop – Made in Germany“ (ab sofort in der ARD Mediathek) arbeitet den Siegeszug der afroamerikanischen Musikrichtung in Deutschland auf und verwebt die facettenreiche musikalische Entwicklung hierzulande mit bedeutenden gesellschaftlichen und politischen Ereignissen, Krisen und Umbrüchen. Auch ohne DeLorean eine absolut sehenswerte Zeitreise!
Vom Bordstein bis zur Skyline
In vier circa 45-minütigen Teilen, die sowohl zeitliche als auch geografische Schwerpunkte haben, erzählt die Doku „Hiphop – Made in Germany“, wie sich besagte Strömung von einer Subkultur bis ins Herz der deutschen Gesellschaft vorarbeiten konnte. Neben pointierten Interview-Aufnahmen mit Szenegrößen, Wegbegleiter*innen und Politikern überzeugt die Doku besonders mit dem Kniff des fahrenden Filmstudios: Zwei Künstler*innen machen mit einem alten Mercedes eine Spritztour durch ihre Stadt, hören Musik-Snippets von Kolleg*innen sowie Nachrichtenmeldungen des jeweiligen Jahrzehnts und ordnen diese mit ihrer ganz eigenen und häufig zeitgenössischen Perspektive ein. Unterstützung bekommen sie dabei von interessanten Mitfahrenden, die den Blickwinkel noch mal erweitern. Hier ein kleiner Vorgeschmack, wen ihr zu sehen bekommt: Toni-L, Afrob, Denyo, Kitty Kat, Disarstar, Olexesh, Harris, Prinz Pi, Cora E. sowie Celo und Abdi.
Vielfältige Erzählung fern von „weißen Vorzeige-Rappern“
Besonders begeistert hat mich zum einen der rote Faden, Hiphop als Spiegel der Gesellschaft zu erzählen und nicht als losgelöste Erfolgsgeschichte einer Musikrichtung. Neben den historischen Bezügen war dabei besonders die Einordnung durch Politiker (u.a. Gregor Gysi) und Soziolog*innen wie Aladin El-Mafaala und Heidi Süß wertvoll. Zum anderen habe ich mich darüber gefreut, ein paar neue Personalien kennenzulernen – besonders bezogen auf die Ursprünge des deutschen Hiphop, weibliche MCs und Menschen aus eingewanderten Familien, die die Entwicklung des deutschen Hiphop so maßgeblich beeinflusst haben, in anderen Produktionen für mein Empfinden aber viel zu kurz kommen oder nur eine Randnotiz sind. So entsteht ein wirklich vielschichtiges Bild, das die wichtigsten Stationen und Umbrüche seit den 1980er-Jahren bis heute nachzeichnet.
Egal ob als kleine Geschichtsstunde für Neueinsteiger*innen oder aber nostalgische Zeitreise für langjährige Fans – die Struktur, die Protagonist*innen und ihre facettenreichen Blickwinkel machen „Hiphop – Made in Germany“ zu einem absoluten Doku-Highlight für alle Musikinteressierten! Einschalten könnt ihr seit 23. Januar 2024 in der ARD Mediathek und zu folgenden Sendezeiten im NDR:
Folge | Termin | Inhalt |
1 | Samstag, 27.1.2024, ab 1 Uhr | 80er: Heidelberg – alte Mauern und neuer Sound |
2 | Samstag, 3.2.2024, ab 1 Uhr | 90er: Hamburg – Kommerz und Realness |
3 und 4 | Samstag, 10.2.2024, ab 1 Uhr | 2000er: Berlin – Hartz und Härte sowie 2010 bis heute: Frankfurt – Cash und Role Models |
Ohne TV-Anschluss könnt ihr auf den Live-Stream des NDR zurückgreifen oder ihr nutzt einen Online-TV-Anbieter wie waipu.tv oder Zattoo – inklusive Aufnahmefunktion.
Wer jetzt erst richtig auf den Geschmack gekommen ist, dem/der sei an dieser Stelle die Serie „Almost Fly“ auf Netflix empfohlen: