Mit „The Bear“ hat FX ein wahres Meisterwerk auf den Weg gebracht, das sich nun in einer Fortsetzung beweisen darf. Hierzulande wird die Serie allerdings noch immer unterschätzt.
Obwohl „The Bear“ bereits bei Preisverleihungen wie den Golden Globes und den Critics Choice Awards abgeräumt hat, läuft die Dramedy-Serie hierzulande noch immer unter dem Radar. Mittlerweile hat das Küchenteam um Carmy (Jeremy Allen White) schon eine zweite Staffel spendiert bekommen, die uns noch tiefer in die Geschichte des namengebenden Sandwich-Restaurants der Familie Berzatto eintauchen lässt. Trotzdem ignoriert das deutschsprachige Publikum die Serie weiterhin. Falls ihr euch endlich eines Besseren belehren lassen wollt, solltet ihr jetzt auf Disney+ einschalten (und vorab unsere folgende Kritik lesen).
Was euch in „The Bear“ Staffel 2 erwartet, seht ihr im offiziellen Trailer:
„The Bear“: Ein Meisterwerk, dem deutlich mehr Anerkennung gebührt
Nach dem überraschenden Tod seines Bruders Michael (Jon Bernthal) muss sich Sterne-Koch Carmen „Carmy“ Berzatto nicht nur seiner Trauer widmen, sondern auch den heruntergekommenen Sandwich-Laden der Familie vor dem Ruin retten. Jedoch mangelt es nicht nur am nötigen Kleingeld, sondern auch an der Disziplin der Mitarbeiter*innen – und einer sicheren Umgebung. In „The Bear“ Staffel 2 steht nun ein neues Kapitel für das Restaurant an, in dem sich Carmy und sein Küchenteam von Grund auf neu erfinden müssen. Die Crew muss sich dabei grundlegenden Fragen stellen: Wer bist du? Wer willst du sein? Und was bist du bereit, dafür zu tun?
Jule über „The Bear“ Staffel 2: Hektisch, rau und doch hoffnungslos hoffnungsvoll
Wenn ihr aktuell lediglich darauf aus seid, euch bei einer entspannten Sitcom berieseln zu lassen, solltet ihr „The Bear“ auf einen späteren Zeitpunkt vertagen – denn die Serie ist deutlich mehr als eine klassische Kombination aus Drama und Comedy alias Dramedy. Schon die erste Staffel erinnerte vom Schnitttempo eher an ein Musikvideo als an einen 30-minütigen Unterhaltungstitel in acht Akten. Nicht selten hat die Dramedy-Serie in mir mehr Panik ausgelöst als so mancher Horrorfilm. Wenn die Kamera per Close-up Lebensmittel, Finger und Messer fokussiert, sehe ich vor meinem inneren Auge schon das Blut fließen – obwohl bisher einschließlich der zweiten Staffel eigentlich ja (fast) alles gutgegangen ist.
In Verbindung mit der Hektik und dem rauen Ton der Küche glückte es Serienschöpfer Christopher Storer, mein Stresslevel auf mir bisher unbekannte Ebenen zu erweitern. Der Puls schnellt in die Höhe, die Nervosität steigt und fast packt mich die Angst, einen Fehler zu machen, das Gemüse falsch zu schneiden oder das Brot nicht rechtzeitig in den Ofen zu schieben. „The Bear“ gelingt ein Kunststück, das mir bisher selten widerfahren ist: Die Handlung nimmt mich nicht nur an der Hand, die zerrt derart daran, dass ich das Gefühl habe, selbst in der Küche zu stehen.
Zunächst weicht „The Bear“ Staffel 2 von diesem Konzept ab – alles beginnt deutlich ruhiger und gesitteter; Auge und Herz wird eine Pause gegönnt; statt Beleidigungen schwirren fast banale Dialoge durch die Luft – nur, um dann noch härter in dieses altbewährte Muster aus Hektik, Druck und Nervenzusammenbruch einzuschlagen. Die Fortsetzung, die dieses Mal übrigens in zehn Episoden geteilt ist, ließ mich zunächst glauben, dass aus den zerstrittenen, widerspenstigen Mitarbeitenden von The Original Beef of Chicagoland tatsächlich ein funktionierendes Team geworden ist. Doch so spielt das Leben eben nicht und deshalb erleben wir ein ums andere Mal mehr die vernichtenden Tiefschläge, die etwaige Existenzen bedrohen.
Besonders hervorheben möchte ich an dieser Stelle den Soundtrack, der mich schon im Rahmen von Staffel 1 völlig fesselte und für Staffel 2 sogar noch eine Schippe drauflegen konnte. Dass Musik zum Großteil für die emotionalen Ergüsse in Filmen und Serien verantwortlich ist, dürfte längst kein Geheimnis mehr sein. Ein Zusammenspiel wie in „The Bear“ habe ich bis dato allerdings noch nicht erleben dürfen. Umso glücklicher bin ich, Songs wie „Love Story“ und „New Noise“ nun nicht mehr mit Taylor Swift und Refused zu verbinden, sondern stattdessen einen freudestrahlenden Richie im Auto durch die Luft fliegen oder das Entsetzen in den Augen von Natalie (Abby Elliott), Carmy und Syd (Ayo Edebiri) zu sehen.
Die Herzen unserer Redaktion hat „The Bear“ bereits im letzten Jahr im Sturm erobert, weshalb wir euch dringlichst empfehlen, der Dramedy-Serie eine Chance zu geben. Gewürzt mit der richtigen Portion Humor, Schmerz und Hoffnung bietet sich euch damit ein wahres Meisterwerk der Serienkunst, das mit einer ganz neuen Machart zu glänzen weiß.
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Andi über „The Bear“ Staffel 2: Die menschlichste Serie aller Zeiten
Wenn der größte Kritikpunkt ist, dass es nicht mehr Folgen einer Serie gibt, ist das zweifellos ein Qualitätsmerkmal – und bei Staffel 2 von „The Bear“ stört mich tatsächlich nur das: Es ist halt schon nach zehn Episoden vorbei. Denn die neue Staffel hat es für mich sogar geschafft, die grandiose erste Season zu übertreffen und lässt mich zu dem Urteil kommen: „The Bear“ ist schlicht die beste aktuell laufende Serie.
Dieses Lob verdient sich das Werk auch dadurch, dass es wie eine Antithese zu etlichen aktuellen Formaten wirkt. Statt fast panisch wirkender Szenenwechsel aufgrund der beim Publikum vermuteten geringen Aufmerksamkeitsspanne, glänzt „The Bear“ mit seinen ruhigen Momenten. Wiederholt unterhalten sich zwei Personen über scheinbar Banales, um sich dadurch doch besser kennenzulernen und überraschend tiefe Einblicke in ihr Leben und ihre Sicht auf die Welt zu erlauben. In diesen Momenten punktet die Serie mit ihrer Ruhe, ihren fantastischen Dialogen und etlichen Gaststars.
Das heißt aber nicht, dass „The Bear“ nicht auch anders kann: Kein Küchenalltag kommt ohne Hektik aus und es ist eine wahre Kunst, dass die Serie diese chaotischen Szenen handwerklich gekonnt umsetzt, uns aber nie zu sehr damit erschlägt – mit vielleicht einer Ausnahme, denn eine Folge gleicht einer wahren, kaum zu ertragenden Tour de Force, die sich gerade dadurch einbrennen wird.
Diese Qualitäten sind allerdings nicht zwingend neu für „The Bear“ – sie wurden nur noch besser umgesetzt. Das ist vielleicht kein Zufall, denn es spiegelt das Motto der zweiten Staffel wider. Praktisch alle Figuren versuchen, das Optimale aus sich herauszuholen, was auch bedeutet, dass sie bessere Menschen sein wollen. Die neuen Folgen sind deswegen durchzogen von dem hehren Vorsatz der Schlüsselfiguren, humaner, empathischer und rücksichtsvoller miteinander umzugehen – und zugleich wird klar, wie verdammt schwer das manchmal sein kann.
So schafft es „The Bear“ für mich, eine der schönsten, belastendsten, ruhigsten, hektischsten, ja schlicht menschlichsten Serien zu sein, die es vermutlich je gab; und allein deswegen solltet ihr sie unbedingt sehen, falls ihr bislang noch nicht dazu kamt.
„The Bear“: Von Preisen überhäuft, vom deutschen Publikum ignoriert
Die verlängerte Laufzeit von nun zehn statt wie zuvor acht Episoden verdankt „The Bear“ wohl vor allem dem Erfolg, den die Dramedy-Serie (zumindest außerhalb Deutschlands) einheimsen konnte: Wie in der IMDb nachzulesen ist, war „The Bear“ bei den Critics Choice Awards in drei Kategorien nominiert; Hauptdarsteller Jeremy Allen White konnte sich sogar als bester Schauspieler einer Comedy-Serie durchsetzen – ebenso wie bei den Golden Globes. Darüber hinaus ergatterte das Werk von Serienschöpfer Christopher Storer den Sieg bei den AFI Awards in der Kategorie „TV Program of the Year“ (zu Deutsch: „TV-Programm des Jahres“). Und damit ist die Liste an Auszeichnungen noch längst nicht vorbei…
„The Bear“ Staffel 2: Fortsetzung legt an Beliebtheit zu
Bereits „The Bear“ Staffel 1 setzte für Comedy einen neuen Maßstab. Wie Variety berichtet, sei die Serie zum Auftakt als meistgesehene Staffel einer Comedyserie in die Geschichte von FX eingegangen. Und wie es aussieht, setzt Staffel 2 sogar noch einen drauf: Die neuen Folgen ergatterten sich den Titel als meistgesehene Premiere aller auf Hulu gestarteten Serien. Im Vergleich zur ersten Season stieg die Zahl der gestreamten Stunden in den ersten vier Tagen nach Veröffentlichung um satte 70 %.
Darüber hinaus kann sich „The Bear“ mit einer ausgezeichneten Bewertung auf Rotten Tomatoes rühmen: Während sich 99 % der Kritiker*innen zufrieden zeigen, konnte die Serie 92 % des Publikums überzeugen. Solch herausragende Noten können wahrlich nicht viele Titel vorweisen.
Wenn auch ihr nun überzeugt seid und „The Bear“ eine Chance geben wollt, könnt ihr die erste und zweite Staffel jetzt auf Disney+ streamen. Wie es um eine dritte Staffel steht, lest ihr in diesem Artikel: